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BGH klärt Rechtsfragen zum Regress von Rechtsschutzversicherern bei Anwaltsfehlern
Ein Tätigkeitsschwerpunkt bei PASCHEN ist die Durchsetzung von Regressansprüchen von Rechtsschutzversicherern gegenüber Rechtsanwälten. In diesem Zusammenhang wurde die Kanzlei von mehreren Versicherern mit der Durchsetzung ihrer Ansprüche gegenüber einer auf Kapitalanlagerecht spezialisierten Kanzlei beauftragt. Diese hatte sich in tausenden von Fällen mit dem Versuch, auf einfachem Wege eine Verjährung der Ansprüche ihrer Mandanten zu verhindern, der Einleitung von Schiedsverfahren bei einer kleinen Einmann-Schiedsstelle bedient. Das Vorhaben scheiterte jedoch letztlich, weil – wie der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs dies in einer Entscheidung über einen ähnlich gelagerten Fall im Jahre 2015 (BGH III ZR 198/14) klargestellte – die gewählten Maßnahmen nicht den Anforderungen an eine Verjährungsunterbrechung entsprachen. Auch ein Fall aus dem bei PASCHEN betreuten Themenkomplex fand nun seinen Weg zum Bundegerichtshof. Der u.a. für Anwaltshaftung zuständige IX. Zivilsenat des BGH beschäftigte sich dabei (BGH IX ZR 165/19) mit gleich mehreren Fragen, die hinsichtlich der Haftung von Rechtsanwälten gegenüber Rechtsschutzversicherern bis dahin oft umstritten waren.
Umfang der Beratungspflichten des Rechtsanwalts bei Aussichtslosigkeit
Der BGH hat im Rahmen seiner jetzigen Entscheidung (BGH IX ZR165/19) u.a. klargestellt, dass den Anwalt zwar keine mandatsbezogene Pflicht trifft, aussichtslosen Prozesse nicht zu führen, er aber insoweit regelmäßig zunächst umfassend mit dem Ziel zu beraten hat, dem Mandanten eine eigenverantwortliche, sachgerechte Entscheidung in seiner Rechtsangelegenheit zu ermöglichen. Ist danach eine Klage praktisch aussichtslos, muss der Rechtsanwalt dies klar herausstellen. Er darf sich nicht mit dem Hinweis begnügen, die Erfolgsaussichten seien offen (Rn. 28 ff.) diese Pflicht endet auch nicht etwa – so stellt der BGH klar – mit der Einleitung eines Rechtsstreits. Verändert sich die rechtlich oder tatsächlich Ausgangslage im Laufe des Verfahrens muss der Mandant vielmehr auch über eine damit verbundene Verschlechterung der Erfolgsaussichten aufgeklärt werden (Rn. 31). Die Pflicht gilt im Übrigen gleichermaßen für rechtsschutzversicherte wie für Mandanten, die nicht über entsprechenden Versicherungsschutz verfügen (Rn.32).
Wirkungen der der Deckungszusage
Die Beratungspflicht darf nicht etwa gleichsam auf die Versicherung abgewälzt werden, in dem der Rechtsanwalt eine Deckungszusage einholt und sich fortan auf deren Leistungspflicht beruft. Sinn der Rechtsschutzversicherung ist nicht eine Entlastung des schadenersatzpflichtigten Rechtsanwalts (Rn. 19), sondern die Gewährung des versicherungsvertraglichen Anspruches auf Deckungsschutz (Rn. 34). Diese Wirkung ist bei Beurteilung der Frage, wie sich der Mandant bei ordnungsgemäßer Beratung betreffend den Einsatz seines Deckungsanspruches für die beabsichtigte Rechtsverfolgung entschieden hätte zu berücksichtigen. Erfahrungsgemäß ist daher – so der BGH – davon auszugehen, dass bei Vorliegen einer mit wahrheitsgemäßen Angaben herbeigeführten Deckungszusage der Mandant auch schon bei ganz geringen Erfolgsaussichten dazu entschlossen hätte, einen Rechtsstreit zu führen oder fortzusetzen (Rn. 38).
Vermutung beratungsgerechten Verhaltens bei Aussichtlosigkeit
Völlig anders sieht dies – wie der BGH zutreffend feststellt – allerdings aus, wenn die Einleitung oder Fortführung eines Verfahrens objektiv aussichtslos war. Dies ergibt sich schon daraus, dass ein Rechtsstreit mit zahlreichen weiteren Nachteilen für den Mandanten behaftet ist, wie den erforderlichen Zeitaufwand, die Gefährdung des Verhältnisses mit der beklagten Partei etc. (Rn. 34). Da die aussichtslose Rechtsverfolgung in keinem Falle im Interesse eines vernünftig urteilen Mandanten liegt, sondern alleine dem Gebühreninteresse des Rechtsanwalts dient, ist hier nach den Regeln des Anscheinsbeweises davon auszugehen, dass sich ein Mandant beratungsgerecht verhalten und sich gegen die Einleitung oder Fortführung eines Rechtsstreits entschieden hätte (Rn. 39 f.).
Fazit
Mit dieser Entscheidung sind gleich mehrere bisher oft streitige Rechtsfragen zur Anwaltshaftung endlich höchstrichterlich entschieden. Der BGH hat dabei Versuchen, einer „Umnutzung“ der Rechtsschutzversicherung zur Rückversicherung für den handelnden Anwalt eine klare Absage erteilt.