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Europaparlament befürwortet EU Zahlungsverzugs-Verordnung
In der Sitzung des EU Binnenmarktausschusses IMCO am 20. März 2024 hatte man sich auf einen gemeinsamen BERICHT über den Vorschlag für eine Zahlungsverzugsverordnung der EU-Kommission aus September 2023 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr geeinigt. Erfreulicherweise hatte dabei die deutliche Kritik aus den Mitgliedsstaaten bereits Wirkung gezeigt. Besonders hervorzuheben waren hierbei die Festschreibung der allgemeinen Zulässigkeit von bis zu 60 Tagen Zahlungsziel im B2B- Bereich, bei entsprechender vorheriger Vereinbarung und sogar bis zu 120 Tagen für Saisonartikel und Produkte mit niedrigem Warenumschlag, wobei hierfür konkrete Produktgruppen festgeschrieben werden sollen.
Update April 2024
Am 23. April 2024 war das Thema nun in Straßburg auf der Tagesordnung des EU-Parlaments. Abgestimmt wurde dabei über einen nochmals leicht modifizierten Entwurf, der in erster Lesung mehrheitlich angenommen wurde.
Hier der aktuell beschlossene Text Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 23. April 2024 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (COM(2023)0533 – C9-0338/2023 – 2023/0323(COD))
Die wichtigsten Änderungen in der angenommenen Fassung stellen sich dar wir folgt:
Artikel 3 Absatz 4 a (neu): Zur Verbesserung der Zahlungspraxis öffentlicher Stellen gegenüber Unternehmen (G2B) ist jetzt vorgesehen, dass auf Antrag bei der öffentlichen Stelle, die den fälligen Betrag schuldet, die Verrechnung des fälligen Betrags mit ausstehenden Beträgen des Gläubigers bei derselben öffentlichen Stelle möglich ist.
Artikel 5 Absatz 3: Das Verbot auf Verzugszinsen zu verzichten soll jetzt nur für den Fall gelten, dass es sich bei dem Schuldner nicht um eine öffentliche Stelle oder ein Großunternehmen handelt.
Artikel 8 Absatz 1: Der Schuldner soll gemäß der überarbeiteten Version verpflichtet sein, eine Entschädigung für Beitreibungskosten zu zahlen, die wie folgt gestaffelt ist:
- 50 EUR für jeden einzelnen Geschäftsvorgang mit einem Wert bis 1.500 EUR,
- 100 EUR für jeden einzelnen Geschäftsvorgang mit einem Wert ab 1.500 bis 15.000 EUR
- 150 EUR für jeden einzelnen Geschäftsvorgang über 15.000 EUR
Artikel 8 Absatz 3: Sofern es sich bei dem Schuldner um eine öffentliche Stelle oder ein großes Unternehmen handelt, soll der Gläubiger nicht auf sein Recht auf die pauschale Entschädigung verzichten können.
Artikel 9: Einschränkungen der „Abtretung des Kredits“ zur Erlangung von Finanzierungen durch Banken oder Factoringunternehmen sowie des „Rückgriffs auf einen gerichtlichen Zahlungsbefehl“ sollen jetzt EU-weit unwirksam sein.
Artikel 12: Für unbestrittene Geldforderungen soll nach dem jetzigen Text sichergestellt werden, dass Gläubiger einen vollstreckbaren Titel binnen 60 Kalendertagen ab Einreichung der Klage oder des Antrags bei Gericht oder einer anderen zuständigen Behörde erhalten.
Artikel 14 Absatz 1: Die verpflichtend einzurichtenden Durchsetzungsbehörden sollen entsprechend der geänderten Version die Befugnis erhalten, Verstöße gegen die Verordnung festzustellen und den Schuldner zur Zahlung von Verzugszinsen und/oder zur Leistung von Entschädigung an den Gläubiger zu verpflichten.
Artikel 19: Für Selbständige & Kleinstunternehmen als Schuldner soll die Verordnung nach den jetzigen Vorstellungen erst 24 Monate nach Inkrafttreten gelten, für alle anderen nach Artikel 20 18 Monate nach Inkrafttreten
Bewertung des aktuellen Stands
Trotz erfolgter Nachbesserung lässt der beschlossene Text noch immer wenig praktischen Sachverstand der EU-Parlamentarier erkennen. Zwar wurde, wie die Anmerkungen zum Abtretungsverbot im Zusammenhang mit Finanzierungsfragen zeigen, wohl endlich erkannt, dass das Vorhaben erhebliche Auswirkungen auf die Unternehmensfinanzierung hat, jedoch ignoriert der Verordnungstext noch immer die schwerwiegenden Folgen für eines der wichtigsten Finanzierungsinstrumente gerade der kleinen und mittelständischen Unternehmen: den Lieferantenkredit.
Auch scheint die berechtigte Kritik der Wirtschaft an einer völlig überbordenden Bürokratie noch immer nicht angekommen zu sein, wenn ohne ersichtlichen Grund die Pflicht zur Errichtung einer neuen Durchsetzungsbehörde für die Mitgliedstaaten geschaffen wird, obgleich die für diese vorgesehen Aufgaben, insbesondere betreffend die Verzugszinsen und Beitreibungskosten, schon bisher von den Gerichten wahrgenommen werden und dort bestens aufgehoben sind.
Da die endgültige Verabschiedung der Verordnung aber erst nach der Europawahl im Juni 2024 durch das neu konstituierte Parlament erfolgen kann, bleibt aber noch die Hoffnung auf weitere Verhandlungen, Nachbesserung oder gar eine gänzliche Absage.
Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Weiterführende Informationen finden Sie in unserem Topthema Geplante EU-Zahlungsverzugs-Verordnung heftig in der Kritik